blmwr 01/16
Als ich 15 wurde hat mir mein Vater seine Video 8 Kamera geschenkt. Von da an habe ich ein paar Aufnahmen aus dem Alltag meiner erweiterten Familie gemacht. Ich kann sie heute nicht mehr gut ansehen. Viele Menschen können sich selbst nicht reden, oder singen hören. Ich sage normalerweise: ich kann ausreichend gut reden und singen, lass ruhig hören.
Es sind der Ton, the pitch und die Prosodie meiner eigenen Stimme, die mir die Aufnahmen verleiden. Ein aufgeregt gutes Zureden und ein paternalisierendes Überreden, das sich im nasalen Babysprech über die offensichtliche nicht-Kommunikation gelegt hat. Auch die Protagonisten vor der Kamera teilen diese Sprache, und sie gehört schmerzhaft offensichtlich keinem von uns. Meine eigene Stimme und die der anderen sind verzweifelt bemüht, den gesellschaftlichen Totalschaden zu reparieren. Psychisch ökonomisch hat diese Sprache im Alltag sicherlich einiges gut gemacht.
Die Video 8 Kamera habe ich vor acht Jahren durch ein Modell mit full HD ersetzt. Mit ihr konnte ich Weitwinkel-Aufnahmen machen, und auch wenn ich einige wenige häusliche Szenen damit aufgefangen habe, so besitze ich doch auf einem Dutzend Mini DVs zumeist nordamerikanische Landschaften und Städte – in wortlosen, sehr langen Einstellungen. Da, wo ich jetzt bin, habe ich diese Kamera nicht mithingenommen. Zunächst aus praktischen Gründen, ließ ich sie bei meinem Vater. (Er hat damit auch im Haus einiges anfangen können). Mein Ort, an dem ich seit fast fünf Jahren lebe, hat nie nach dieser Kamera verlangt. Vielmehr kam mir in den Sinn, wieder mit Video 8 anzufangen, wo das Blickfeld beschränkt ist und die Details verschwimmen. Auch ist der alte Apparat schwer, für jederman sichtbar im Weg und kann nur unter körperlichen und technischen Mühen zum Begleiter werden.
Das alte Format und seine Apparate sind womöglich angemessener für die gegenwärtigen Schwierigkeiten, sich ein Bild zu machen. Die Wahrheit dieser Schwierigkeiten – sie kommt vielleicht im bewussten Rückschritt gut zur Sprache.